31.10.03

Lungenbraten

Sehr gerne koche ich für unsere französischen Freunde.
Natürlich ist das jedesmal eine Herausforderung. Als die beiden vor einigen Jahren nach Deutschland kamen, waren sie erstmals schockiert von der deutschen Küche und der deutschen Esskultur. In Frankreich isst man zu festen Zeiten und ausschliesslich an Tischen - im Restaurant oder aber zu Hause. Es gibt mehrere Gänge, und, ganz wichtig, zum Abschluss Käse. In Deutschland isst man immer - und überall. Auf der Strasse einen Hamburger oder eine Portion Pommes, schnell mal zwischendurch einen Snack und im fränkischen Gasthaus eine riesengroße Portion Hauptspeise, die garkeinen Platz mehr läßt für Nachspeise oder Käse.

Das ist natürlich nicht überall so - deshalb war es unsere, erste Aufgabe die beiden von der anderen deutschen Küche zu überzeugen. Mit manchen Tricks (äääh - tolles deutsches Restaurant, der italienische Einschlag hat nix mit Italien zu tun, garnix) und Überzeugnungsarbeit (Schäufele ist nun mal gut, und Braten und Klöße und Karpfen) ist uns das auch halbwegs gelungen.

Spannender war die erste Essenseinladung. Wagst du es wirklich für französische Gourmets zu kochen, die dich bei Ihren Essenseinladungen mit köstlichen Vorspeisen wie Pflaumen in Speck gewickelt und knusprig angebraten, tollen Fischen, von deren Existenz ich bis dahin nichts wusste und selbstgemachten Apfeltartes verwöhnen?

OK - da muss man durch. Als Österreicherin habe ich natürlich eine starke Affinität zur dortigen Küche. Mein Lieblingskochbuch ist die Hess. Da lernst du, wie man Hasen ausnimmt und findest Rezepte, wo du selbst erstaunt bist, dass die österreichisch sind. Natürlich ist die österreichische Küche geprägt von einem Zwischending aus Todessehnsucht, Lebenslust und der Liebe zum Makaberen. Wo sonst ergötzt man sich sosehr an Lungenstrudel, Nieren, Hirn und Blutwurst.

Auf jeden Fall habe ich mich dann für Parmesanpudding als Vorspeise und Lungenbraten als Hauptgang entschieden. Als die beiden bei der Tür reinkamen, ihre Blumen abgaben und einen wunderschönen Champagner überreichten, sagte ich auch gleich ganz begeistert: "Hey, ich hab Lungenbraten gemacht! A la Colbert, in Kohl gewickelt!" Die beiden wurden blass. Aber tapfer und sehr wohlerzogen sagten sie nichts. Beim ersten Gang, dem Parmesanpudding, nahmen sie dann auch gleich einen Nachschlag. Mussten Sie ja vorbauen für den zweiten Gang, der wohl nicht ganz so vielversprechend klang. Vorab-Sättigungsbeilage quasi. Als ich dann endlich den Lungenbraten servierte, zu deutsch übrigens Rinderlende - englisch gebraten, das Fleisch mit Duxelles aus Champignons und Küchenkräutern bestrichen und mit Kohlblättern umwickelt, da blickte ich in zwei sehr erleichterte Gesichter. Ich glaub ein wenig haben sie's bereut, dass sie sich den Appetit mit Parmesanpudding verdorben haben.

Tja, heute gibts wieder einen Abend mit unseren beiden Freunden. Und heute ist Halloween. Zu Halloween, da muss es blutig abgehen.

Deshalb muss unser Papp-Data als Freddy Krueger herhalten.

Unser Lampenschirm wurde mit einem schönen Anhängsel verschönert.

Und es gibt mal wieder Lungenbraten, diesmal roh, dazu einen schönen österreichischen Rotwein....

Happy Halloween euch allen da draussen - hmm oder da drinnen? Im Netz?

Posted by L9 at 19:54 | Comments (4)