08.02.05

Fertigungsmethoden und Logistik in der Moai-Branche

Vor Hunderten von Jahren besiedelte auf der Osterinsel jede Großfamilie ein bestimmtes Inselareal, meist in Küstennähe, weil dort wegen des frischen Grundwassers die Flüssigkeitsversorgung gewährleistet war. Die Leute lebten hauptsächlich im Freien, nur wenn es die Witterung nicht anders zuließ, suchten sie in einer der vielen Höhlen Unterschlupf.

Nachdem sich dadurch keine großartige Baukultur entwickelte und auch keine Malerei, musste sich die kulturelle Energie der Osterinsulaner anderweitig entladen. Architekturgenies fokussierten sich daher aufs Bauen von Ahus, riesigen, rampenförmigen Steinaufschichtungen, die als Zeremoniestätten für Ahnen- und Totenkult sowie als Begräbnisstätten für herausragende Mitglieder der osterinsulanischen Gesellschaft dienten. Maler und Bildhauer reagierten ihre Kreativität an der Herstellung der Moais ab, die die Ahnen der Familien darstellten und auf den Ahus aufgestellt wurden, und die Modeschöpfer zogen nicht nur die Priester an sondern auch die Steinfiguren.

Auftraggeber für diese Anlagen waren die Clans, die das jeweilige Inselareal bewohnten. Jeder Clan hatte seine eigene Anlage, insgesamt waren es um die 245. Und was dem Deutschen der Mercedes war dem Rapa Nui der Moai – er musste größer, schöner, innovativer sein als der des Nachbarn. Der größte Moai, er ist so um die 21 Meter hoch, befindet sich im halbfertigen Zustand im Steinbruch und ist nie vollendet worden.

Lange Zeit war die Herstellung der Moais ein großes Rätsel. Zeitweise gab es sogar die Philosophie, dass die Moais von Außerirdischen gebracht worden wären, weil es auf der Insel dieses Gestein, aus dem die Moais bestehen würden, gar nicht geben sollte. Stimmt aber nicht, es gibt den Stein. Im Rano Raraku, einem Steinbruch, der in einem Vulkankrater errichtet wurde.

Und nachdem der Stein sehr weich ist, es handelt sich dabei um Lapilli-Tuff, war es letztendlich nicht allzu schwierig, diese großen Statuen zu schnitzen und auch zu bewegen.
Schwierig war es, und darin besteht ja die Aufgabe des Bildhauers, die Statuen zu finden in diesem unförmigen Berg. Man kennt ja das Bildhauervorgehen „Ich erzeuge die Skulptur nicht, ich lege die im Stein vorhandene Figur bloß frei“. Und nichts anderes macht der Bildhauer auf Rapa Nui.

Hier sieht man schon ein paar freigelegte Statuen. Es handelt sich dabei um ein Moai-Suchbild. Josef, unser Osterinselfreund und der Insel bester Reiseführer sagt seinen Touristen immer: „wenn du mir sagen kannst, wie viele Moais hier versteckt sind, darfst du einen mit nach Hause nehmen.“ Bis heute hat es keiner geschafft. Klar, die im Stein Versteckten erkennt nur ein Bildhauer, der auch damals bereits gelebt hat.

Die Statuen werden also freigelegt und soweit herausgeschnitzt, bis unten nur mehr ein kleiner, schmaler Grat übrigbleibt. Er wird durchlöchert, damit man an der Statue dann was anbringen kann, um sie hochzuheben. Man vermutet einen Lattenrost.

Glaubt ihr nicht? Stimmt aber.

Ich habe jetzt keinen Lattenrost gezeichnet, weil mir das zu kompliziert war. Den müßt ihr euch vorstellen. Was ganz sicher stimmt ist der Schweiß, den die Leute beim Aufstellen produziert haben. Weil auch wenn die Dinger aus Tuffstein sind, sie waren ganz bestimmt sehr schwer.

Danach wurde das Hinterteil des Moais geschnitzt. Tja, Moais haben Hinterteile wie jeder Mensch, die lassen sich aber nicht fotografieren. Das Foto, welches wir vom A*sch des Moais gemacht haben, ist auf völlig unerklärliche Weise schwarz geworden.

Hier nochmals Moais in sämtlichen Fertigungsstufen. Der am Rücken liegende ist gerade frisch geschnitzt zur Endmontage geschleppt worden. Danach würde er aufgestellt werden, um den Rücken zu bearbeiten (so wie der ganz vorne). Fertig bearbeitet wird er nach vorne gekippt, um dann abtransportiert zu werden.

Die Transportlogistik ist nach wie vor ein ein wissenschaftlicher Streitpunkt. Manche sagen, sie wurden stehend transportiert, andere meinen, an den Ohren wurden Seile befestigt und die Moais dann so rücklings durch die Gegend gezogen. Josef ist ein Vertreter der "nach-vorne-gekippt-auf-Holz-gezogen" - Methodik. Klingt logisch. Aber auch wenn ich dem Josef alles glaube und er der weltbeste Osterinselführer ist, in diesem Falle halte ich es mehr mit Napo, unserem waschechten Rapa Nui Freund. Er ist überzeugt, dass Menschen mit ausreichend Mana die Steinkolosse alleine durch Gedankenkraft bewegen konnten. Und ich glaube das auch. Wobei ich allerdings der Meinung bin, dass die Gedankenkraft nicht unmittelbar auf die Figur wirkte sondern indirekt. Die alten Priester aktivierten magnetische Erdstrahlen, die die Statuen in die Luft hievten. Danach musste man sie nur mehr über die Insel schubsen.

Nachdem man den Moai auf dem richtigen Ahu aufgestellt hatte, wurden ihm Augen aus echten Korallen eingesetzt und er dadurch zum Leben erweckt. Tja, und schlussendlich kamen dann die Modeschöpfer in Aktion - manchmal sehr zum Leidwesen der archaischen Gesellen.

Bei den "Extended Entries" (draufklicken) gibts noch eine kleine Fotofolge

Das ist der Ahu Tongariki, die größte Anlage in der ganzen Südsee.

Sie betrachten sehr skeptisch....

.... diese Hüte (Pukaos). Ein Beweis, dass sie ihnen nicht gefallen.

Auf Rapa Nui laufen viele Pferde rum. Die dürfen allerdings die Ahus betreten, im Gegensatz zu Menschen. Pferde sind eben magische Wesen.

Und hier nochmals ein Foto von Steinbruch.

Da stehen noch ein ein paar Moais rum. Sie waren wohl mal bereit für die Rückenbearbeitung, sind aber mittlerweile bis zum Hals in der Erde versunken.

Und das waren die Werkzeuge, mit denen sie bearbeitet wurden (NEIN ich habe KEINEN Moai berührt, wirklich nicht!!)

Posted by L9 at 17:30 | Comments (3)