31.01.05

Liebe auf Rapa Nui

Wenn der nüchterne Europäer an die Südsee denkt, denkt er an das Paradies. An Sonne, an Liebe, an schöne Mädchen. Das ist nicht erst seit Gaughin so, der dieses Paradies erstmalig in der westlichen Kunst thematisierte. Schon die alten Seefahrer berichteten bei ihren ersten Inselbegegnungen von freizügigen Schönheiten, die sich ihnen quasi an den Hals warfen und bei Gott nicht so zickig, prüde und versorgungsorientiert waren, wie die biestigen Mädels aus dem alten Europa.

Allerdings scheint es wohl doch nicht die offene Liebe, die andere Kultur
und die geringer ausgeprägte Eifersucht gewesen zu sein, die dieses Verhalten hervorrief. Laut den Erzählungen eines Inselkenners war es vielmehr so, dass die alten Insulaner garnicht so dumm waren. Sie wußten, dass sie wenig Gene von aussen abbekamen, weil sie nunmal auf diesen Inseln lebten. Sie wußten, dass es für den Erhalt der erblichen Gesundheit von massiver Bedeutung war, sich mit Menschen aus anderen Regionen zu paaren. Tauchten also fremde Schiffe auf am Horizont, mußte jede Großfamilie eines ihrer Mädchen zur Verfügung stellen mit der Aufgabe, sich zu vermischen.

Alle anderen Frauen wurden selbstverständlich versteckt.

Heute ist das alles anders. Der Tourismus und die Globalisierung bringen es mit sich, dass diese Völker nicht mehr ganz so isoliert leben. Daher steht natürlich auch der Fortpflanzungsgedanke nicht mehr im Vordergrund, es geht wieder um die Romantik und um die Liebe.

Und die Osterinsulaner sind äußerst romantisch. Ein paar zauberhafte Geschichten, eine dunkle Höhle, ein schöner Vollmond, die richtige Knie-Berührung zum richtigen Zeitpunkt - und das Herz der Europäerin beginnt zu schmelzen. Auch wenn es sich dabei um Damen handelt, die sich bereits jenseits des fortpflanzungsfähigen Alters befinden.

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Manche dieser Damen schreiben dann Bücher und werden ein wenig berühmt. (Kurzer Gedankensprung: diese Menge von Büchern über die Osterinsel, die alleine sind schon ein Buch wert.)

Aber nicht nur die lebenden Osterinsulaner sind romantisch, auch die Toten verlieben sich gerne. Da gab es einmal eine junge Frau, die ganz alleine über die Osterinsel gefahren ist mit ihrem Rad. Bei den Moais hat sie meditiert und in dunklen Höhlen übernachtet. Nach Ablauf dieses einsamen Inselurlaubes ging es zurück nach Deutschland, zurück zu ihrem Freund. Dem kamen ein paar Sachen eigenartig vor. Schatten schienen das Mädchen zu umgeben, sie schien nicht alleine zu sein.

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Drei Tage später wurde der Freund schwer krank, Schwindelanfälle, Fieberschübe. Er wurde immer schwächer, doch die Ärzte konnten nichts finden. Das Mädchen war verzweifelt. In Ihrer Not wandte sie sich an einen Schamanen. Der erkannte das Problem sofort. "Du warst auf der Osterinsel, alleine bist du durch die Natur gewandert, da haben sich wohl ein paar Geister in dich verliebt. Sie sind mit dir zurückgekommen - und fanden deinen Freund vor. Die Krankheit des Freundes entstand aus der Eifersucht der Geister. Sie wollen ihn loswerden - diesen Nebenbuhler".
Das Mädchen kehrte zurück nach Rapa Nui, fuhr hinaus in die Inselmitte und verabschiedete sich von den Geistern "Wir hatten eine schöne Zeit, danke. Aber ihr gehört auf die Insel, ich gehöre in die Stadt". Ohne Geister kehrte sie zurück, der Freund wurde gesund - und die beiden haben höchstwahrscheinlich geheiratet.

Unsere deutsch-chilenische Herbergsmutter, die sich auch einen netten Rapa Nui geangelt hat, hat mir diese Geschichte höchstpersönlich erzählt. Und diese deutsch-chilenische Herbergsmutter war mal Journalistin. In Santiago. Deshalb bin ich überzeugt, die Geschichte stimmt!

Mir passiert sowas natürlich nicht. Ich scheine eine so pragmatisch-nüchterne Ausstrahlung zu haben, dass die meisten Menschen bei mir gleich zur Sache kommen, selbst wenn es sich um waschechte Rapa Nuis handelt.

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Abgesehen davon war ich mit meinem Schatz unterwegs, und der ist so romantisch und toll, da können alle Osterinsulaner abstinken, und die Geister sowieso. Aber so vor 20 Jahren, vor der Zeit von , also da hätten mir diese Pferdeprinzen, die da so wild durch die Gegend reiten, durchaus mein Herz brechen können.

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Und hier noch ein paar Fotos:

Also das ist die Steffie, die Dame mit dem elektrisierten Knie, an ihrem selbstgebauten Schreibtisch.
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Nachdem sie das Buch geschrieben hat, konnte sie aus der Höhle raus direkt in ein schickes Eigenheim ziehen.

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Romantische Osterinselehepaare haben keine Ringe am Finger sondern Ketten überm Bett. Blümchenketten.
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Das sind Rapanuisch-polynesische Ritualkleider, stets bereit für den nächsten Tanz.
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Und das ist Helga, unsere deutsch-chilenische Herbergsmutter mit ihrem Napo, unsererem echten rapanuischen Inselführer. Der, der die besten Geschichten auf Lager hat.

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Posted by L9 at 10:31 | Comments (9)